Wenn die Äste des Nachbarn auf das eigene Grundstück ragen, dann ist das oft störend. Wann Sie die Äste abschneiden dürfen und wann nicht, erfahren Sie hier.

Wenn Äste aus dem Nachbargarten über den Zaun auf das eigene Grundstück ragen, sorgt dies oft für Unmut. Verständlicherweise kann es störend sein, wenn herunterfallendes Laub oder Schattenwurf die Nutzung des eigenen Gartens einschränken. Doch bevor zur Astschere gegriffen wird, gibt es einige wichtige Dinge zu beachten.

✅ Gerichtsurteil: Was sagt die Rechtsprechung?

Ein Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH, Az. V ZR 234/19) verdeutlicht, wie entscheidend klare Regelungen in solchen Fällen sind. In diesem Fall sorgte eine 15 Meter hohe Schwarzkiefer für Ärger. Ihre Äste ragten weit auf das Nachbargrundstück und ließen Nadeln und Zapfen herabfallen. Der betroffene Grundstückseigentümer forderte mehrfach einen Rückschnitt, jedoch ohne Erfolg. Schließlich griff er selbst zur Säge, woraufhin die Besitzer der Kiefer klagten. Sie befürchteten, dass der Baum durch das Entfernen der Äste instabil werden könnte.

Das Gericht entschied, dass das Selbsthilferecht aus § 910 BGB auch dann gilt, wenn der Rückschnitt die Standfestigkeit des Baumes beeinträchtigen könnte. Allerdings müssen naturschutzrechtliche Bestimmungen und kommunale Baumschutzsatzungen berücksichtigt werden. Das zeigt: Auch wenn das Gesetz eine klare Linie vorgibt, lohnt sich eine sorgfältige Prüfung der eigenen, individuellen Situation.

Wann dürfen Äste vom Nachbarn abgeschnitten werden?

Gemäß § 910 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch) dürfen Grundstückseigentümer also überhängende Äste eigenhändig abschneiden, wenn diese das eigene Grundstück beeinträchtigen.

Bevor jedoch selbst Hand angelegt wird, muss dem Nachbarn zuerst eine angemessene Frist eingeräumt werden, um den Rückschnitt eigenständig vorzunehmen. Die Länge dieser Frist ist nicht einheitlich geregelt, sollte jedoch von der Jahreszeit und dem Aufwand abhängen, den der Rückschnitt erfordert.

Aufgepasst! Bei großen Bäumen ist Vorsicht geboten. Der Rückschnitt darf weder Personen gefährden noch Schäden an Gebäuden oder Gegenständen verursachen. In solchen Fällen sollte ein Baumpfleger die Arbeit übernehmen. Da Termine oft rar sind, kann sich die Frist entsprechend verlängern.

Gründe für den Rückschnitt von überhängenden Ästen können sein:

  • Gefahr durch abbrechende Äste bei Stürmen oder starkem Wind
  • Beeinträchtigung von Lichtverhältnissen und Schattenwurf
  • Verschmutzung des Grundstücks durch herabfallendes Laub oder Früchte
  • Schäden an Gebäuden, Zäunen, Pflasterwegen oder Regenrinnen durch zu stark wachsende Äste

Ein hilfreicher Tipp: Machen Sie vorab Fotos von der Situation. Bilder zeigen deutlich, wie weit die Äste auf Ihr Grundstück ragen und wie stark die Beeinträchtigung ist. Das kann nicht nur beim Gespräch mit dem Nachbarn helfen, sondern auch nützlich sein, falls es später zu Unstimmigkeiten kommt.

✅ Gespräch suchen, bevor geschnitten wird

Äste vom Nachbargarten schneiden
Wann ist das Schneiden der Äste erlaubt? | © Marcel Paschertz / stock.adobe.com

Bevor man zur Astschere greift, lohnt es sich, erst einmal das Gespräch mit dem Nachbarn zu suchen. In den meisten Fällen lässt sich eine einvernehmliche Lösung finden, denn rechtlich gesehen ist der Baumeigentümer selbst für den Rückschnitt verantwortlich. Oft genügt eine freundliche Erinnerung, und das Problem wird aus der Welt geschafft. Hilfreich ist, dem Nachbarn zu erklären, warum Sie die überhängenden Äste stören. Falls der Nachbar nicht aktiv wird, gibt es jedoch gesetzliche Möglichkeiten, die Sie kennen sollten.

Wer muss die Äste vom Nachbarn entsorgen?

Laut Gesetz gehört das abgeschnittene Astwerk demjenigen, der es entfernt. In § 910 BGB heißt es:

„Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten.“

Am besten klären Sie vorher mit dem Nachbarn, ob er das Schnittgut selbst übernehmen würde. Die Äste einfach über den Zaun zu werfen, kann zu Nachbarschaftsstreitigkeiten führen.

Wann ist das Abschneiden der Äste vom Nachbarn nicht erlaubt?

Es gibt einige Einschränkungen, die das Abschneiden der Äste erschweren oder verbieten können:

  • Während der gesetzlichen Vogelschutzzeit vom 1. März bis 30. September sind größere Schnittmaßnahmen und Fällungen verboten, es sei denn, es droht unmittelbare Gefahr.
  • Auch die Stabilität des Baumes spielt eine Rolle. Werden zu viele Äste entfernt, kann er an Standfestigkeit verlieren und zur Gefahr für Menschen oder Gebäude werden. Hier ist Vorsicht gefragt.
  • Viele Städte und Gemeinden haben außerdem Baumschutzverordnungen. Besonders ältere oder geschützte Bäume dürfen oft nur mit Genehmigung stark beschnitten werden. Ein Anruf beim Ordnungsamt oder der Gemeinde kann helfen, rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

✅ Was tun, wenn der Nachbar nicht reagiert?

Sollte der Nachbar trotz klarer Fristsetzung nicht reagieren und Sie möchten oder können die Äste nicht selbst abschneiden, bleibt die Möglichkeit, Unterstützung durch eine Schlichtungsstelle in Anspruch zu nehmen. In vielen Bundesländern ist es sogar Pflicht, eine außergerichtliche Einigung über ein Schiedsamt zu suchen, bevor ein Gerichtsverfahren eingeleitet werden kann. Diese Schlichtung spart nicht nur Zeit und Geld, sondern hilft auch, die nachbarschaftlichen Beziehungen nicht unnötig zu belasten. Hilfe gibt es beim Bund Deutscher Schiedsmänner und Schiedsfrauen e.V. (BDS).

✅ Fazit: Mit Bedacht vorgehen schützt vor Streit

Wachsen die Äste des Nachbarbaums auf Ihr Grundstück, ist erst einmal Geduld gefragt. Ein klärendes Gespräch ist meist der beste Weg, um eine Lösung zu finden. Falls das nicht hilft, gibt das Gesetz klare Vorgaben, wann und wie ein Rückschnitt erfolgen darf. Wichtig ist, dass Sie dem Nachbarn eine Frist setzen und sich über rechtliche Einschränkungen informieren. So lassen sich unnötige Streitigkeiten vermeiden und die gute Nachbarschaft bleibt gewahrt.

Ringo von Gartentipps.com

Ringo ist Gründer und Chef-Redakteur von Gartentipps.com. Hat auf dem Dorf (bei Oma) zwischen Stachelbeeren, Kirschbaum und Hühnerhof seine Leidenschaft fürs Gärtnern entdeckt.

Ein Kommentar

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