Was tun, wenn sich die Wurzeln vom Nachbargrundstück zu sehr ausbreiten? Darf man sie einfach kappen? Wer haftet für entstehende Schäden?

Baumwurzeln vom Nachbargrundstück verursachen Schäden
Stehen Bäume zu dicht an der Grundstücksgrenze, können sich die Wurzeln aufs Nachbargrundstück ausdehnen – © andreusK / stock.adobe.com

Immer wieder müssen sich Gerichte mit nachbarschaftlichen Streitereien befassen. Nicht selten geht es dabei um Baumwurzeln vom Nachbargrundstück. Mal führen Sie zu Schäden, mal schränken Sie die Nutzung des Grundstückes ein und ein anderes Mal wurden sie vermeintlich widerrechtlich gekappt. Liest man sich die ganzen Gerichtsurteile durch, kann man schier verzweifeln, da man hinterher meist genauso schlau ist wie vorher.

Wir haben uns einmal etwas näher mit dem Thema befasst und versuchen, die Rechtslage für Sie verständlich darzustellen.

Was tun, wenn sich der Baum von Nachbargrundstück zu sehr ausbreitet?

Pflanzt man einen Baum zu dicht an eine Grundstücksgrenze, wird er über kurz oder lang auch das Nachbargrundstück einnehmen. Dabei breiten sich nicht nur die Wurzeln unterirdisch über die Grundstücksgrenzen hinaus aus. Auch die Baumkrone kann auf das Grundstück des Nachbarn ragen. Wie hier zu verfahren ist, gibt der § 910 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) vor:





§ 910 Überhang

(1) Der Eigentümer eines Grundstücks kann Wurzeln eines Baumes oder eines Strauches, die von einem Nachbargrundstück eingedrungen sind, abschneiden und behalten. Das Gleiche gilt von herüberragenden Zweigen, wenn der Eigentümer dem Besitzer des Nachbargrundstücks eine angemessene Frist zur Beseitigung bestimmt hat und die Beseitigung nicht innerhalb der Frist erfolgt.

(2) Dem Eigentümer steht dieses Recht nicht zu, wenn die Wurzeln oder die Zweige die Benutzung des Grundstücks nicht beeinträchtigen.

Das BGB besagt also, dass Sie Äste und Zweige nur entfernen dürfen, wenn Sie dem Baumbesitzer eine angemessene Frist zur Beseitigung eingeräumt haben und er diese verstreichen lässt. Bei der Bemessung einer angemessenen Frist spielen der Fruchtstand, die Wachstumsphasen und die Brutzeiten von Vögeln eine entscheidende Rolle.

Baumwurzeln von Nachbargrundstück dürfen Sie zwar ohne vorherige Absprache mit dem Baumbesitzer kappen, aber auch hier gelten Einschränkungen. Zum einen haben Sie dieses Recht nur, wenn die Wurzel die Benutzung Ihres Grundstückes beeinträchtigt. Zum anderen müssen Sie auch hier die Wachstumsphasen des Baumes berücksichtigen.

Tipp: Alternativ können Sie nach § 1004 BGB auch von Ihrem Nachbarn verlangen, dass er die störenden Wurzeln beseitigt. Auch hier wäre eine angemessene Frist zu setzen.

Wer kommt für Schäden am Baum durch Kappung der Wurzeln auf?

abgestorbener Baum
Im schlimmsten Fall führt eine Wurzelkappung zum Absterben des Baumes – © Prajakkit / stock.adobe.com

Die Wurzeln eines Baumes erfüllen einige wichtige Aufgaben. Zum einen verankern sie den Baum im Boden und dienen so der Standsicherheit. Zum anderen versorgen Sie die komplette Pflanze mit Wasser und Nährstoffen. Zudem produziert Sie Wachstumshormone. Je nachdem, wie viel Sie von der Wurzel abtrennen, erfährt der Baum dadurch eine mehr oder weniger große Beeinträchtigung. Ein kleines Wurzelstück wird dabei wohl eher keine großen Auswirkungen auf den Baum haben. Kappen Sie allerdings eine große, kräftige Wurzel, besteht die Gefahr einer ernsthaften Schädigung. Zum einen könnte er seine Standsicherheit verlieren. Zum anderen können durch die entstandene Wunde Pilze eindringen. Im schlimmsten Fall würde dies zum Absterben des Baumes führen.

Aber wer kommt denn nun dafür auf, wenn der Baum durch die Wurzelkappung Schaden nimmt? Hier ist die Lage eigentlich recht eindeutig. Der § 910 BGB räumt Ihnen das Recht ein, die Wurzel zu kappen. Für die fachgerechte Wundpflege zur Vermeidung von Pilzbefall und Schäden am Baum ist jedoch der Besitzer des Baumes zuständig. Allerdings kann er nur dann entsprechende Maßnahmen einleiten, wenn er über die Kappung informiert ist. Unterlassen Sie es, ihn von der Kappung zu unterrichten, können Sie für daraus resultierende Schäden am Baum haftbar gemacht werden.

Wer kommt für Schäden durch Baumwurzeln vom Nachbargrundstück auf?

Je nach Baumart können die Wurzeln enorme Kraft besitzen und Schäden auf dem Nachbargrundstück verursachen. Recht harmlos erscheinen dabei angehobene Wege und beschädigte Leitungen und Rohre. Verstopfen die Wurzel die Rohre jedoch, so kann es zu einem nicht unerheblichen Schaden durch Rückstau kommen. Beträchtlichen Schaden können sie aber auch an Gebäuden anrichten und die Bausubstanz nachhaltig schädigen. Auf den ersten Blick erscheint es logisch, dass der Baumbesitzer für all diese Schäden haftbar gemacht werden kann. Und auch der § 1004 BGB sieht das so:

§ 1004 Beseitigungs- und Unterlassungsanspruch

(1) Wird das Eigentum in anderer Weise als durch Entziehung oder Vorenthaltung des Besitzes beeinträchtigt, so kann der Eigentümer von dem Störer die Beseitigung der Beeinträchtigung verlangen. Sind weitere Beeinträchtigungen zu besorgen, so kann der Eigentümer auf Unterlassung klagen.

(2) Der Anspruch ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer zur Duldung verpflichtet ist.

Störer ist in diesem Fall der Baumbesitzer. Führen die Baumwurzeln einen Schaden herbei, handelt es sich dabei um eine Beeinträchtigung, die es zu beseitigen gilt. Der Baumbesitzer kann also für alle Schäden, die die Baumwurzeln verursachen, haftbar gemacht werden.

Soweit die Theorie. In der Praxis ist das dann leider doch etwas komplizierter. Denn zum einen muss erwiesen sein, dass der Schaden wirklich durch den besagten Baum verursacht wurde – hier sorgt in der Regel ein Wurzelgutachten für Klarheit. Zum anderen muss der Baumbesitzer die Möglichkeit bekommen, den Schaden zu beheben. Auch hier muss wieder eine angemessene Frist gesetzt werden. Diese richtet sich nach der Dringlichkeit der Schadensbehebung. So muss eine beschädigte Leitung oder eine beschädigte Bausubstanz beispielsweise dringender repariert werden als ein angehobener Weg.

Bekommt der Baumbesitzer als mittelbarer Verursacher der Schäden nicht die Möglichkeit der Mängelbeseitigung, ist er womöglich nicht oder nur teilweise verpflichtet, die Kosten für die Instandsetzung zu erstatten. Ein weiterer Ausschlussgrund für eine Kostenübernahme durch den Baumbesitzer ist ein eventuelles Mitverschulden durch den Geschädigten. Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn man direkt neben einem Baumgrundstück eine Terrasse errichtet, ohne vorher entsprechende Sicherungsmaßnahmen ergriffen zu haben. Wenn die Wurzeln dann die Terrasse beschädigen, muss der Baumbesitzer in der Regel nicht für den Schaden aufkommen.

Zusammenfassung

Breiten sich Bäume dermaßen aus, dass deren Wurzeln auf dem Nachbargrundstück die Nutzung einschränken oder einen Schaden anrichten, ist grundsätzlich der Baumbesitzer für die Beseitigung verantwortlich. Im Zuge der Selbsthilfe kann der Geschädigte die Wurzeln selbst kappen, sollte aber das Gespräch zum Nachbarn suchen, damit dieser Maßnahmen zum Selbsterhalt ergreifen kann. Geschieht dies nicht, kann das unter Umständen teuer werden, wenn der Baum später durch die Wurzelkappung einen Schaden aufweist (beispielsweise durch Pilzbefall).

Verursachen die Wurzeln vom Nachbargrundstück einen Schaden auf dem eigenen Grundstück, sollte der Baumbesitzer umgehend informiert werden. Hat er auch nach einer angemessenen Frist den Schaden nicht beseitigt, dürfen Geschädigte dies übernehmen und dem Baumbesitzer die Kosten dafür in Rechnung stellen. Auf keinen Fall sollten Geschädigte von Anfang an mit der Instandsetzung beginnen und den Baumbesitzer erst im Nachhinein vom Schaden in Kenntnis setzen. Dies könnte dazu führen, dass er die Kosten nicht ersetzt bekommt. Eine Kostenerstattung kann ebenso ausgeschlossen sein, wenn der Geschädigte den Schaden mitverantwortet hat.

Ringo von Gartentipps.com

Gründer und Chef-Redakteur von Gartentipps.com. Hat auf dem Dorf (bei Oma) zwischen Stachelbeeren, Kirschbaum und Hühnerhof seine Leidenschaft fürs Gärtnern entdeckt.

2 Kommentare

  1. Der Verfasser des Artikels sollte sich mal mit den einschlägigen Bestimmungen des BGB, hier insbesondere die §§ 910 und 1004, beschäftigen. Dort wird klar festgestellt, dass der geschädigte Nachbar die Wurzeln entfernen kann (§ 910 BGB) und dass der Eigentümer des Baumes, die Kosten für die Entfernung der Wurzeln übernehmen muss, wenn diese z.B. ein Abwasserrohr verstopfen (§1004 BGB). Hierzu gibt aus auch ausreichende Urteile des BGH und auch des OLG Düsseldorf.

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