Wenn es um den Garten geht, spricht man nicht von vier, sondern zehn Jahreszeiten. Das ist das Prinzip des Phänologischen Kalenders. Erfahren Sie hier, was es damit auf sich hat.

Das Jahr besteht aus vier kalendarischen Jahreszeiten. Der Gärtner kennt jedoch eine noch weitere Einteilung: nämlich die phänologischen Jahreszeiten. Diese sind nicht im Kalender festgeschrieben, sondern orientieren sich viel mehr am Lauf der Natur. Ausschlaggebend für das Einsetzen der Jahreszeiten sind dabei die sogenannten Zeigerpflanzen. Dennoch: Der Phänologische Kalender folgt von Jahr zu Jahr und abhängig von der jeweiligen Region einem anderen Rhythmus.

Historisches und Grundlegendes

Das Wort Phänologie kommt aus dem Griechischen und bedeutet in wörtlicher Übersetzung „Lehre von den Erscheinungen“. Dabei handelt es sich um eine eigene Wissenschaft, die von Carl von Linné bereits im 18. Jahrhundert begründet wurde. Der schwedische Naturforscher stellte einen Blütenzeitenkalender auf und baute in Schweden ein Netzwerk von Personen auf, die phänologische Beobachtungen durchführten.

In Deutschland begann die Phänologie im 19. Jahrhundert Einzug zu halten. Heute liefern landesweit etwa 1.200 ehrenamtliche Beobachter dem Deutschen Wetterdienst nützliche Informationen. Die Daten werden dann am Firmensitz in Offenbach archiviert und aufbereitet. Eine direkte Auswertung erfolgt beispielsweise für den Polleninformationsdienst. Langfristigere Analysen sind für die Wissenschaft relevant.

Welchen Nutzen bringt der Phänologische Kalender?

Nutzen des Phänologischen Kalenders
© Freepik / stock.adobe.com

Der Phänologische Kalender ist das Ergebnis jahrzehntelanger Forschungsarbeit. Das Jahr in zehn anstatt der geläufigen vier Jahreszeiten einzuteilen, ermöglicht eine genauere Einteilung des Gartenjahres unter Berücksichtigung klimatischer und regionaler Differenzen. Gleichzeitig lassen sich Rückschlüsse auf die Entwicklung der Natur in den einzelnen Regionen treffen. Dieser gärtnerische Kalender ist nicht auf den Tag genau festgelegt, sondern passt sich der Entwicklung der Natur im jeweiligen Beobachtungsgebiet an.

Die phänologischen Daten stehen den festgeschriebenen astronomischen und meteorologischen Werten gegenüber. In der Landwirtschaft sind die phänologischen Angaben beispielsweise wichtige Gradmesser, um die anstehenden Arbeiten zu planen und zu koordinieren.

Die ermittelten Daten lassen auch Rückschlüsse auf die allgemeine klimatische Entwicklung zu. So konnte im 20. Jahrhundert ein frühzeitiger Frühjahrsbeginn registriert werden. Die Wissenschaft bringt dies mit den Einflüssen des globalen Klimawandels zusammen.

Grundsätzlich richtet sich der Phänologische Kalender nach der Entwicklung der Zeigerpflanzen. Nach einem milden Winter bricht in einigen Regionen bereits im Januar der Vorfrühling aus. Die Statistik der ermittelten Daten lässt dann Rückschlüsse auf die Entwicklung des Klimawandels zu und hilft Landwirten wie Hobbygärtnern dabei, die anstehenden Arbeiten auf den Feldern und in den Gärten zu planen.

Welche Zeigerpflanzen gibt es?

Eine ganze Reihe von Pflanzen wird herangezogen, um die phänologischen Jahreszeiten zu bestimmen. Dazu gehören:

Zeigerpflanzen-Gruppeeinzelne Vertreter
Wildpflanzen• Birke
• Haselnuss
• Heidelbeere
• Löwenzahn
• Rotbuche
• Schneeglöckchen
• Schwarzer Holunder
• Stiel-Eiche
• Vogelbeere
Nutzpflanzen• Apfel
• Aprikose
• Getreide
• Mais
• Pflaume
• Raps
• Rote Johannisbeere
• Sonnenblume
• Weinreben
• Zuckerrübe
Zierpflanzen• Flieder
• Forsythie
• Pfeifenstrauch
• Zaubernuss

Wie wird der Phänologische Kalender eingeteilt?

Die Einteilung wird in zehn Jahreszeiten vorgenommen. Diese werden durch die Blüte und den Reifestand entsprechender Zeigerpflanzen definiert. Die Dauer der Jahreszeiten variiert und lässt sich daher im Folgenden nur geschätzt angeben.

Jahreszeitungefährer Zeitraum
Vorfrühling22. Februar bis 29. März
Erstfrühling30. März bis 30. April
Vollfrühling1. Mai bis 29. Mai
Frühsommer30. Mai bis 21. Juni
Hochsommer22. Juni bis 4. August
Spätsommer5. August bis 27. August
Frühherbst28. August bis 21. September
Vollherbst22. September bis 15. Oktober
Spätherbst16. Oktober bis 30. November
Winter1. Dezember bis 27. Februar

Welche Zeigerpflanzen stehen für die einzelnen Jahreszeiten?

Folgende Zeigerpflanzen werden für die Bestimmung der phänologischen Jahreszeiten herangezogen:

JahreszeitZeigerpflanzen
Vorfrühling• Schneeglöckchen
• Haselnuss
• Märzenbecher
• Salweide
• Schwarz-Erle
• Winter-Jasmin
• Bergahorn
Erstfrühling• Forsythie
• Obstbäume
• Beeren
• Birke
• Linde
• Ahorn
Vollfrühling• Apfel
• Flieder
• Rosskastanie
• Eiche
• Hainbuche
Frühsommer• Schwarzer Holunder
• Robinie
• Roggen
• Gräser
• Weißdorn
Hochsommer• Linde
• Rote Johannisbeere
• Wegwarte
• Roggen
Spätsommer• Vogelbeere
• Heide
• Frühapfel
• Felsenbirne
• Herbst-Anemone
Frühherbst• Schwarzer Holunder
• Herbstzeitlose
• Rosskastanie
• Haselnuss
• Birnen
Vollherbst• Kartoffeln
• Walnuss
• Rosskastanie
• Quitt
• Rotbuche
• Äpfel
• Rüben
Spätherbst• Rosskastanie
• Stiel-Eiche
• Wintergetreide
Winter• Winterweizen

Welche Besonderheiten weisen die einzelnen Jahreszeiten auf?

Die einzelnen phänologischen Jahreszeiten werden durch die Entwicklung der zugeordneten Zeigerpflanzen bestimmt. Hier eine kleine Übersicht dazu:

❍ Vorfrühling:

Die Blüte von Haselnuss, Märzenbecher und Schneeglöckchen läutet den Vorfrühling ein. Der Winter-Jasmin steht in voller Blüte. In der Alpenregion beginnt der Bergahorn mit dem Austrieb. Mit der Blüte der Salweide ist der Vorfrühling beendet.

❍ Erstfrühling:

Mit der Forsythienblüte beginnt der Erstfrühling. Auch Stachelbeeren und Johannisbeeren schlagen aus. Nach dem Austrieb von Birke und Rosskastanie folgen Linde, Ahorn und Rotbuche. Mit der Blüte von Kirsche, Birne und Pflaume geht der Erstfrühling zu Ende.

❍ Vollfrühling:

Im Vollfrühling blühen Flieder und Apfelbäume. Eiche und Hainbuche beginnen mit dem Austrieb. Später blühen auch die ersten Himbeeren. Auf den Feldern laufen Kartoffeln und Zuckerrüben auf.

❍ Frühsommer:

Die Blüte der Wiesen und Felder erreicht ihren Höhepunkt. Schwarzer Holunder, Wald-Geißbart und Weißdorn stehen in Blüte. Das Getreide bildet die ersten Ähren und Rispen aus. Der Winterroggen blüht. Das Heu wird eingefahren und für Allergiker beginnt die Heuschnupfen-Zeit.

❍ Hochsommer:

Die Johannisbeeren werden reif. Kartoffeln, Sommer-Linde und Wegwarte blühen. Das Schneiden der Wintergerste auf den Feldern beginnt. Auch Winterweizen, Hafer und Winterroggen werden eingefahren.

❍ Spätsommer:

Vogelbeeren, Frühäpfel und Felsenbirnen können geerntet werden. Die Blütezeit für Heidekraut und Herbst-Anemone beginnt. Während die Getreideernte weitgehend abgeschlossen ist, wird mit der zweiten Heuernte begonnen.

❍ Frühherbst:

Der Schwarze Holunder wird reif und die Rosskastanien platzen auf und fallen von den Bäumen. Auch für Haselnüsse beginnt die Erntezeit. Zwetschgen und Birnen sind ebenfalls ausgereift. Die Herbstzeitlose steht in Blüte.

❍ Vollherbst:

Die Blätter von Rotbuche, Esche, Erle oder Rosskastanie beginnen sich zu verfärben. Bei den Obstbäumen setzt bereits der Blattfall ein. Kartoffeln, Quitten, Äpfel und Walnüsse werden geerntet.

❍ Spätherbst:

Beginnen auch Rosskastanie oder Stiel-Eiche mit dem Laubfall, setzt der phänologische Spätherbst ein. Das Wintergetreide geht auf. Die Vegetationszeit ist abgeschlossen. Mit dem Ende des Laubfalls ist auch der Spätherbst beendet.

❍ Winter:

Der Winter beginnt mit dem Auflaufen von Winterweizen. Die Vegetationsruhe dauert an, bis die Blüte der Hasel den Vorfrühling einläutet und der phänologische Kreislauf von vorn beginnt.

Gartenarbeiten nach dem Phänologischen Kalender

Gartenarbeiten nach dem Phänologischen Kalender
© alter_photo / stock.adobe.com

Richtet sich der Gärtner allein nach den kalendarischen Jahreszeiten, erlebt er nicht selten eine böse Überraschung. Der Boden ist noch gefroren und lässt das Ausbringen der Saat nicht zu. Frisch gesetzte Pflanzen erfrieren, weil die Gefahr von Nachtfrösten noch nicht gebannt ist. Dies kann nicht passieren, wenn Sie die Entwicklung der Vegetation zum Maßstab nehmen. So können Sie sich beispielsweise an der Forsythienblüte orientieren. Dann können Sie zur Rosenschere greifen, denn es besteht keine Frostgefahr mehr.

Die Gartenarbeiten im phänologischen Jahreslauf

Jahreszeitanstehende Arbeiten
Vorfrühling• Hecken schneiden>
• Obstbäume schneiden
• Sommerblumen aussäen
Erstfrühling• Beerensträucher schneiden
• Obstbäume schneiden
• Sommerblumen aussäen
Rosen zurückschneiden
Vollfrühling• Rasen anlegen
• Frühlingsblüher schneiden
• Sommerblumen aussäen
• Zwiebeln- und Knollenpflanzen setzen
Frühsommer• Rasen anlegen
• Hecken schneiden
• Frühlingsblüher schneiden
• Sommerblumen aussäen
• zweijährige Pflanzen aussäen
• Heu ernten
• Honig schleudern
Hochsommer• Obstbäume schneiden
Beerensträucher schneiden
• Rosen zurückschneiden
• zweijährige Pflanzen aussäen
Spätsommer• Hecken schneiden
• Obstbäume schneiden
• Zwiebel- und Knollenpflanzen setzen
• Getreide ernten
FrühherbstHecken schneiden
• Obstbäume schneiden
• Rasen anlegen
• Zwiebel- und Knollenpflanzen setzen
• Obst ernten
VollherbstRasen anlegen
• Zwiebel- und Knollenpflanzen setzen
• Obst ernten
Spätherbst• letzte Arbeiten abschließen
• Frostschutz anbringen
WinterObstbäume schneiden

Pflanzenbeobachter am Werk

Etwa 1.200 Pflanzenbeobachter sind ehrenamtlich tätig und helfen dem Deutschen Wetterdienst, die phänologischen Daten zu sammeln. Die Daten der Pflanzenentwicklung werden während des gesamten Vegetationszeitraumes gesammelt und übermittelt. Die Beobachtungen werden dabei in einem Radius von maximal zwei Kilometern zum Wohnhaus angestellt.

Wie bei der Beobachtung vorzugehen ist, darüber gibt der Deutsche Wetterdienst auf seiner Homepage Auskunft. Interessierte Naturfreunde können sich dort als Beobachter anmelden und die Pflanzenbeobachtung im kommenden Vegetationszeitraum aufnehmen. Außerdem hier noch ein interessantes Video vom Deutschen Wetterdienst. Darin wird erklärt, welche Bedeutung die Beobachtung des Pflanzenwachstums für die Wetterberatung und die Klimaüberwachung hat:

Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von Youtube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.

Mehr Informationen

Wer sich noch intensiver mit der Phänologie und den damit verbundenen zehn phänologischen Jahreszeiten beschäftigen möchte, für den haben wir hier noch drei Buchempfehlungen:

Mutter, Hundebesitzerin und leidenschaftliche Hobbygärtnerin. Schon als Kind habe ich gemeinsam mit meinen Eltern den heimischen Garten bewirtschaftet und mich für dessen Gestaltung interessiert. Jetzt besitze ich meinen eigenen Garten und zeige meiner Tochter, wie einfach es ist Obst, Gemüse und Blumen selbst zu züchten. Ein Garten bedeutet viel Arbeit - er belohnt uns dafür aber auch mit einer reichen Ernte, wunderschönen Blumen und dem tollen Gefühl aus eigener Kraft etwas geschaffen zu haben.

Antwort hinterlassen